Zwangsrente für Hartz-IV-Empfänger Jobcenter sollen mehr Druck ausüben können
Vor mehr als 50 Jahren stellte die Philosophin Hannah Arendt für moderne Gesellschaften die Tendenz fest, soziale Gruppen wie Überflüssige zu behandeln. Wer die jetzt von der großen Koalition in Berlin verfolgte Absicht, einer beschleunigten Zwangsverrentung unter diesem Aspekt betrachtet, kann zu dem Ergebnis kommen, die politisch Verantwortlichen halten die Gruppe der älteren Langzeitarbeitslosen im Hartz-IV Bezug als entbehrlich für den Arbeitsmarkt.
Die Zwangsverrentung bietet der Bundesregierung die Möglichkeit, die neuen Überflüssigen auf diesem Wege zu entsorgen. Zu dem eröffnet die Zwangsverrentung die Chance zur Bereinigung der Arbeitslosenstatistik.
Wenn der Gesetzgeber ältere Langzeitarbeitslose mit der Drohung, ihnen ansonsten die Leistungen zur Existenz zu streichen, zwingt, vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze die gesetzlichen Altersrente in Anspruch zu nehmen, kommt dies einer Sonderbehandlung gleich. Die Durchsetzung einer solchen Absicht mittels existenzielem Zwang wird einer freiheitlichen Gesellschaft nicht gerecht.
Die Zwangsverrentung belastet die betroffenen Langzeitarbeitslosen, den über diesen Weg wird ihre Rente gekürzt. Sie geht zu Lasten der Beitragszahlenden in der gesetzlichen Rentenversicherung. Kommen die ALG II Zahlungen aus dem Bundes-haushalt und den Haushalten der Kommunen, zahlen die Beitragszahler*innen zur Rentenversicherung mit ihren Beiträgen die zu zahlenden Renten an die Rentner*innen. Über die Zwangsverrentung verlagert die Berliner Groko aus CDU/SPD ihre Ausgaben für die SGB II Bezieher*innen. So entlastet sich die Bundesregierung zu Lasten der älteren Langzeitarbeitlosen, der Beitragszahler*innen und der Kommunen.
Die Landesregierung NRW und die Kommunen können diesem Gesetzesvorhaben im Bundesrat nicht zustimmen. Ist das Gesetz nicht im Bundesrat zustimmungspflichtig? Wenn ja, wie positionieren sich SPD und die Grünen in NRW sich? An der Macht würde die AfD der Zwangsverrentung sicherlich zustimmen.
ARD: Zwangsrente für Hartz-IV-Empfänger Jobcenter sollen mehr Druck ausüben können
Stand: 14.05.2016 10:36 Uhr
Die Koalition will den Jobcentern mehr Möglichkeiten geben, Langzeitarbeitslose vorzeitig in Rente zu schicken. So sollen Arbeitsagenturen künftig Hartz-IV-Leistungen streichen, wenn Betroffene nicht die nötigen Unterlagen zum vorzeitigen Wechsel in die Rente vorlegen.
Wenn ältere Langzeitarbeitslose nach Auffassung des Jobcenters nicht mehr in Arbeit vermittelt werden können, werden sie nicht selten in die Zwangsrente geschickt. Um das zu verhindern, legen die Betroffenen oft die nötigen Unterlagen nicht vor - dem Jobcenter sind dann nach aktueller Rechtslage die Hände gebunden.
Dagegen will die Bundesregierung nun vorgehen. Die Jobcenter sollen künftig die Hartz-IV-Leistungen streichen, wenn die Betroffenen ihre Mitarbeit verweigern. Das sieht nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ein geplanter Änderungsantrag für ein derzeit im Bundestag beratenes Gesetz zu Rechtsvereinfachungen bei Hartz IV vor.
Finanzielle Nachteile für Betroffene
Die vorzeitige "Zwangsverrentung" von Langzeitarbeitslosen ist sehr umstritten. Bereits seit Längerem fordern Sozialverbände, Gewerkschaften und Opposition, die Praxis der "Zwangsverrentung" aufzugeben. Nach Schätzungen werden jährlich Tausende Hartz-IV-Empfänger aufgefordert, vorzeitig mit 63 in Rente zu gehen, obwohl sie dabei Abschläge hinnehmen müssen.
Widersprüchliche Politik
Heftige Kritik an den Plänen kommt auch von der Linkspartei. "Mit dem Beschluss zur sogenannten Flexirente will die Bundesregierung das Arbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus attraktiver machen - gleichzeitig verschärft sie die Praxis der Jobcenter, ältere Arbeitslose ab 63 auszusortieren und aufs Abstellgleis zu schicken", sagte ihr Rentenexperte Matthias W. Birkwald. Widersprüchlicher könne Politik nicht sein.
Der Politiker nimmt damit Bezug auf einen anderen aktuellen Gesetzentwurf, mit dem fließendere Übergänge in die Rente erleichtert werden sollen. Birkwald forderte Sozialministerin Andrea Nahles auf, die Zwangsverrentung abzuschaffen und stattdessen ein Sonderprogramm zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit im Alter vorzulegen.
http://www.tagesschau.de/inland/hartz-rente-101.html
https://www.facebook.com/derfreitag/posts/10154238867582922





