Stadtrat berät Unterkunftskosten der Grundsicherung
Wenn sich in der nächsten Sitzung des Rates der Stadt eine Mehrheit findet, werden sich künftig die Kosten der Unterkunft ändern. Kosten der Unterkunft – das ist ein Sammelbegriff für Kaltmiete, Nebenkosten und Heizkosten einer Wohnung. Die Änderung betrifft die ca. 40.000 Menschen, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) erhalten. Sie gilt aber auch für die Menschen, die im Alter oder als Erwerbsunfähige Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch XII (SGB XII) erhalten.
Betrug die bisherige Mietobergrenze bei der Kaltmiete 5,11 € pro Quadratmeter für die Empfänger*innen von Leistungen der Grundsicherung, empfiehlt die Stadtverwaltung jetzt den zuständigen Gremien des Stadtrates das Folgende zu beschließen:
„…Die Verwaltung wird beauftragt, bei der Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft nach §§ 22 SGB II, 35 und 42 a SGB XII – unbeschadet der nach den gesetzlichen Bestimmungen vorzunehmenden Einzelfallprüfung – ab sofort folgende Nettokaltmieten auf Basis des durch die Fa. empirica erstellten schlüssigen Konzeptes zugrunde zu legen:
für 1-Personen-Haushalte 290,00 €
für 2-Personen-Haushalte 350,00 €
für 3-Personen-Haushalte 440,00 €
für 4-Personen-Haushalte 530,00 €
für 5-Personen-Haushalte 650,00 €.
Die Angemessenheit der Unterkunftskosten für Haushalte mit mehr als fünf Personen ist im Einzelfall auf Basis der aktuellen Wohnungsangebote für diese Haushalte zu beurteilen.
Bei Wohnungen mit (durch einen Energieausweis in Form des Bedarfsausweises) nachgewiesener Energieeffizienz kann von den o.a. Höchstbeträgen im Rahmen der in der Begründung ausgeführten Komponentenprüfung abgewichen werden („Klimabonus“)….“
Die Angemessenheit des Wohnraumbedarfs orientiert sich an den Wohnungsgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau. Nach einer Entscheidung des BSG vom 16.05.2012 - B 4 AS 109/11 R - ist bei der Bestimmung angemessener Wohnflächengrößen auf die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften in den einzelnen Bundesländern zurückzugreifen. In Nordrhein-Westfalen sind dies die sog. Wohnraumnutzungsbestim-mungen (WNB). Für die Stadt Mönchengladbach wird für einen Ein-Personen-Haushalt hiernach eine Wohnungsgröße von bis zu 50 m² als angemessen groß anerkannt. Bei größeren Bedarfsgemeinschaften werden für jede weitere Person bis zu 15 m² zugesprochen.
Kurz: Die maximale Wohnungsgröße beträgt in NRW für eine alleinstehende Person 50 m². Für jede weitere Person im Haushalt erhöht sich der Bedarf um jeweils 15 m².
Bisher multiplizierte das Jobcenter die auf maximal 5,11 € je Quadratmeter festgelegte Nettokaltmiete mit den angemessenen Wohnungsgrößen und errechnete so die angemessene Kaltmiete.
Legt dagegen man die genannten Kaltmieten aus der Beschlussvorlage mit Vorlagen-Nr. 2437/IX zu Grunde, ergeben sich unterschiedliche Nettokaltmieten, die abhängig vom Wohnungstyp sind. Diese neue Handhabung resultiert aus der Untersuchung, die von der Firma empirica im Auftrage der Stadt Mönchengladbach durchgeführt wurde. Fazit der Untersuchung ist, dass die Nettokaltmieten sich in Abhängigkeit von den verschiedenen Wohnungsgrößen am Markt stark unterschieden.
Das zeigt sich an den nachfolgend angestellten Berechnungen, in dem die angemessenen Wohnungsgrößen durch die zukünftig als angemessen geltenden Nettokaltmieten geteilt wurden. Danach ergibt sich folgendes Bild:
Kaltmiete
Bei einem 1-Personen-Haushalt erhöht sich die angemessene Nettokaltmiete auf 5,80 € ( 290 € angemessene Nettokaltmiete : 50 m² angemessene Wohnungsgröße für eine alleinstehende Person = 5, 80 € pro m² ).
Bei einem 2-Personen-Haushalt erhöht sie sich auf 5, 38 € pro m² ( 350 € : 65 Quadratmeter = 5,38 € pro m²).
Bei einem 3-Personen-Haushalt erhöht sie sich auf 5,50 € pro m² ( 440 € : 80 Quadratmeter = 5,50 € pro m²).
Bei einem 4-Personen-Haushalt erhöht sie sich auf 5,50 € pro m² ( 530 € : 95 Quadratmeter = 5,58 € pro m²).
Bei einem 5-Personen-Haushalt erhöht sie sich auf 5,50 € pro m² ( 650 € : 110 Quadratmeter = 5,90 € pro m²).
Bei der Anwendung der Richtwerte ist von der sozialgerichtlichen „Produkttheorie“ auszuge-hen. Das bedeutet, dass die als angemessen angesehene Wohnungsgröße zwar zur Herleitung des Richtwertes für eine angemessene Monatsmiete herangezogen wird. Was aber letztlich für die tatsächliche Größe der Wohnung unerheblich ist, solange die Gesamtkosten pro Monat (Produkt aus Quadratmetermiete und Wohnfläche) die genannten Richtwerte nicht überschreitet. Weiterhin erfolgt ein Abgleich mit der Mietrichtwerttabelle (Mietspiegel) der Stadt Mönchengladbach, um auch die abschließende Feststellung treffen zu können, dass der vom Vermieter geforderte Mietwert im Rahmen der ortüblichen Vergleichsmiete liegt.
Gleichzeitig mit der Nettokaltmiete schlägt die Verwaltung dem Stadtrat ebenfalls auf der Grundlage einer Untersuchung der Firma empirica die Festlegung der angemessenen Nebenkosten vor.
Nebenkosten
Im Gegensatz zur Grundmiete (Nettokaltmiete) sind die kalten Betriebskosten unabhängig von der Wohnlage und vom Wohnungsstandard. Beeinflusst wird deren Höhe durch kommu-nale Gebühren, Besonderheiten der Wohnung und nicht zuletzt durch den Vermieter (z.B. Versicherungen). Die Firma empirica hat dazu im Auftrage der Stadt hierzu als Datengrundlage die tatsächlichen Nebenkosten von Mietwohnungen, die in der Stadt Mönchengladbach von Bedarfsgemeinschaften (SGB II und SGB XII) bewohnt werden erfasst und ausgewertet. Insoweit handelt es sich um empirisch ermittelte aktuelle Nebenkosten von Wohnungen aus dem Wohnungsmarktsegment, das typischerweise von Bedarfsgemeinschaften bewohnt wird.
Verkürzt dargestellt schlägt die Verwaltung dem Rat auf dieser Grundlage folgende Nebenkosten als angemessenen Mittelwert vor:
für 1-Personen-Haushalte 60,00 € Nebenkosten monatlich
für 2-Personen-Haushalte 80,00 € Nebenkosten monatlich
für 3-Personen-Haushalte 100,00 € Nebenkosten monatlich
für 4-Personen-Haushalte 110,00 € Nebenkosten monatlich
für 5-Personen-Haushalte 120,00 € Nebenkosten monatlich.
Heizkosten
Bezogen auf die Heizkosten schlägt die Verwaltung dem Stadtrat, ebenfalls verkürzt dargestellt, auf der Grundlage einer Untersuchung der Firma empirica die Festlegung folgender angemessenen Mittelwerte vor:
für 1-Personen-Haushalte 60,00 € Heizkosten monatlich
für 2-Personen-Haushalte 80,00 € Heizkosten monatlich
für 3-Personen-Haushalte 100,00 € Heizkosten monatlich
für 4-Personen-Haushalte 110,00 € Heizkosten monatlich
für 5-Personen-Haushalte 120,00 € Heizkosten monatlich.
Zum Hintergrund: Mit Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R - verlangte das Bundessozialgerichtes (BSG) von den Kommunen als Träger der Kosten der Unterkunft ein schlüssiges Konzept und definierte dafür nähere Mindestvoraussetzungen. Die Stadtverwaltung kommt mit den jetzigen Änderungen durch ein schlüssiges Konzept dieser Anforderung nach.
Verfasser: Karl Sasserath 20.09.2017






