Das Graß ist groß
Zwei Ehrenamtler sorgen jetzt dafür, dass die Gärten am Arbeitslosenzentrum nicht zuwachsen
Sadovyi Anatolii (60) schwingt fast schon stoisch den akkubetriebenen Rasenschneider. „Gras ist groß“, lacht er. Und macht weiter. Seit einigen Wochen sind am Gladbacher Arbeitslosenzentrum (ALZ) zwei Personen mit „nachwachsender Arbeit“ beschäftigt.
Sadovyi ist mit seiner Familie aus der kriegstraumatisierten Ukraine geflüchtet. Das war von zwei Jahren. Ein Jahr länger in Gladbach lebt Olena Maksiuta (48) mit ihren Angehörigen. Auch sie kommt aus der Ukraine, wurde wie Sadovyi in einem Dorf groß, wie sie erzählt. Und wie kamen sie zum ALZ? Beide gehören zu den Kunden von Mariya Kaplunovska. Sie ist Fachfrau der Beratungsstelle Arbeit an der Lüpertzender Straße 69 und stammt ebenfalls aus der Ukraine. Auf ihre Frage, ob die beiden im Garten des ALZ arbeiten möchten, kam schnell ein „tak“, das heißt hierzulande „Ja“.
„Wir sind nicht in der Lage, die Gartenpflege mit eigenen Leuten zu erledigen“, erklärt ALZ-Leiter Karl Sasserath. Seit der Eröffnung des „Gartens mit Brücken“ im hinteren Hanggarten vor gut zwei Jahren müsse die Fläche regelmäßig gepflegt werden. Verständlich, denn gerade jetzt wächst hier einiges heran. Der Garten mit Brücken – ein farblich unterschiedliches, verbindendes Ensemble auch zum Jonas-Park – stammt von der Neuseeländerin Künstlerin Ruth Buchanan. Auch sie ist erfreut, dass ihr Brücken-Garten nicht zuwächst.

Olena und Sadovyi sind auf Basis einer Ehrenamtspauschale (70 Euro, Monat) beschäftigt, und sie sind montags und freitags etwa für je drei Stunden aktiv. Bei Bedarf kommen sie auch mittwochs. Neben der notwendigen Motivation verfügen sie über Garten-Gerätschaften wie Gehölzsäge, Heckenschere und den erwähnten Rasenschneider. Auch die Reinigung und Pflege des Vorgartens gehört zu ihren Aufgaben.
Ärgerlich auch für sie: Zunehmend hinterlassen Jugendliche bei ihren nächtlichen Szene-Treffen im Hanggarten leere Getränkedosen, Scherben, Verpackungsmüll, etc. Sasserath: „Das ist ein großes Ärgernis.“ Kontrollen, zum Beispiel der Polizei, hätten nicht viel gebracht. Auch Oberbürgermeister Felix Heinrichs (SPD) schaltete man ein.
Das „grüne Duo“ beseitigt den Müll nicht gerade mit Begeisterung. Sadovyi: „Aber wir wollen natürlich auch, dass die Brücken-Besucher“ nicht über Müll stolpern.“ Montags bis freitags, 10-17 Uhr, ist das imposante (Kletter-)Kunstwerk geöffnet.
Olena ist Volkswirtin, berichtet sie. Früher habe sie in der Kunst- und Kulturszene gearbeitet. Aktuell verbessert sie ihre Deutschkenntnisse, und: „Ich will einen neuen Job, von dem ich leben kann“. Sadovyi, Ingenieur im Maschinenbau und gesundheitlich angeschlagen. „Ich möchte, ja ich will arbeiten“. Vielleicht klappt es mit einem Arbeitsvertrag als Schweißer. Sadovyi lächelt Mariya Kaplunovska an. Sie hat bereits einige ihrer Landsleute in Jobs vermitteln können; die meisten erhielten Kontrakte bei Zeitarbeitsfirmen. Sadovyis Vorteil: Sein Deutsch hat sich in den vergangenen Wochen deutlich verbessert. „Ich übe regelmäßig“, sagt er. Bei unserer Verabschiedung klingt sein „Tschüss“ wie selbstverständlich.
In Mönchengladbach leben rund 3000 Menschen aus der Ukraine. Aktuellere Zahlen gebe es derzeit nicht, berichtet Mariya Kaplunovska.
Kleiner Nachtrag: Da Olena Deutschkurse besucht und mit dem Jobcenter aktiv eine Arbeitsstelle sucht, hat sie den „Gartenjob“ aufgeben müssen. Jetzt wurde sie von ihrer Landsfrau Jana Antiufieieva (58) abgelöst.