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Pressespiegel > Artikel

05. Februar 2016

Langzeitarbeitslosigkeit kennzeichnet die Stadt Mönchengladbach

Karl Boland

Wenn es in Deutschland um die Berichterstattung über die sog. Hartz IV-Städte geht, dann wird üblicherweise über Berlin, Bremen und einige Ruhrgebietsstädte gesprochen. Die Stadt Mönchengladbach taucht in diesem Zusammenhang in der Regel nicht auf. Dies entspricht aber nicht den Tatsachen, die jetzt im Rahmen eines Berichts des Jobcenters Mönchengladbach für den städt. Sozial- und Gesundheitsausschuss zur Sprache kamen.

Mönchengladbach gehört mit einer SGB II-Quote von 18,7 % (HilfeempfängerInnen bezogen auf die EinwohnerInnen der Stadt) zu den drei Städten in Nordrhein-Westfalen, die die höchsten Anteile an Hartz IV-Empfängern in der Bevölkerung besitzen (Gelsenkirchen mit 25,7% und Essen mit 19,5%; der NRW-Durchschnitt liegt bei 11,7%)). Faktisch bedeutet das, dass fast ein Fünftel der Stadtbevölkerung von Leistungen aus dem SGB II – also der sog. Hartz IV-Unterstützung - leben müssen. Und dies bereits seit vielen Jahren! Wir sprechen hier von einer Betroffenengruppe von über 37.000 Menschen. Besonderes Kennzeichen der Arbeitslosigkeit in Mönchengladbach ist die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit, die sich mittlerweile – so der Jobcentergeschäftsführer Klaus Müller am 3. Februar 2016 im städt. Sozialausschuss – aus sich selbst heraus reproduziert. Dazu muss man zur Kenntnis nehmen, dass in Mönchengladbach besonders viele Kinder und Jugendliche von Leistungen des Jobcenters leben müssen; dies ist ein Anteil von 33,4% der unter 15jährigen in der Stadt. Müller machte die Beobachtung, dass es viele Kinder aus Familien sind, die von SGB II-Leistungen leben müssen, die gleich nach der Schule als jugendliche Arbeitslose in die Betreuung des Jobcenters kommen. Und diese Jugendlichen kommen mit denkbar schlechten Voraussetzungen in die Maßnahmen zur Anbahnung von Ausbildungs- oder Beschäftigungsverhältnissen, denn 8,4% aller Schulentlassenen in Mönchengladbach gehen ohne einen Schulabschluss nach Hause – und dies Jahr für Jahr! Solange also diese regelmäßige ´Neuproduktion´ von Verlierern durch das Schulsystem in Mönchengladbach anhält, wird es zu keiner wirklichen Umkehr des Trends zu mehr Langzeitarbeitslosigkeit kommen.

Wir können also davon ausgehen, dass sich in Mönchengladbach über die Jahre eine Kultur der Armut und Chancenlosigkeit entwickelt hat, die trotz sehr gut laufender Wirtschaftsdaten eher größer wird als dass sie sich zurückentwickeln würde. Die Hauptbetroffenen des Risikos, von Leistungen des SGB II leben zu müssen, sind ältere Arbeitslose, Frauen und Männer ohne Schul- und oder Berufsqualifikation, alleinerziehende Frauen sowie Arbeitslose ohne deutschen Pass. Das Jobcenter Mönchengladbach hat errechnet, dass 68,5% der Langzeitbezieher von SGB II-Leistungen (= 67,9% aller Leistungsempfänger) bereits seit vier Jahren und länger im Leistungsbezug stehen. Wir sprechen hier von einer Gruppe von über 18.000 Menschen, die als langzeitarbeitslos zu bezeichnen ist (= 2 Jahre und mehr im Hilfebezug).

Die gesetzlichen Krankenkassen machen seit Jahren darauf aufmerksam, dass arbeitslose Menschen ein deutlich höheres Risiko tragen, zu erkranken. Auch in der wissenschaftlichen Diskussion wird sehr klar darauf verwiesen, dass Arbeitslosigkeit mit spürbar ansteigenden Gesundheitsproblemen bei den Betroffenen verbunden ist. Leider hat sich das bislang noch nicht in speziellen Hilfe- und Therapieangeboten für die Betroffenen niedergeschlagen, wenn man mal von den sog. flankierenden Maßnahmen der Jobcenter für Suchtbetroffene und psychisch Kranke absieht.

Leider ist in Mönchengladbach zurzeit keine Politik zu sehen, die geeignet wäre, die grundlegenden Probleme in der sozialen Struktur dieser Stadt in Angriff zu nehmen. Klar ist, dass die Rahmenbedingungen für eine wirkliche Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit nur von der Bundespolitik gesetzt werden können, doch von dort kommt nichts. In Mönchengladbach sucht die Kommunalpolitik der Großen Koalition im Augenblick ihr Heil in einem Innenstadtentwicklungskonzept, um im Sinne eines „Überschwappeffekts“, aus Düsseldorf einkommensstärkere Bevölkerungskreise für ein Wohnen in Mönchengladbach zu gewinnen. Dafür soll die Stadt für viel Geld „sauber“ und sollen geeignete innerstädtische Baugrundstücke zur Verfügung gestellt werden. Und wohin mit den zahlreichen Angehörigen der Schicht der Arbeitsmarktverlierer, die in den Innenstädten von Rheydt und Mönchengladbach wohnen?

Karl Boland