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„Ungleichbehandlung hat mich schon immer gestört“
Klaus Schäfer war lange Jahre Bürgermeister und Oberstaatsanwalt – und ist seit langem Mitglied im Arbeitslosenzentrum (ALZ) – Themen wie Ungleichbehandlung und Arbeitslosigkeit beschäftigen ihn
Von Gabriele Schulz
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Klaus Schäfer (72) ist langjähriges Mitglied im ALZ - seit 1994 ist er mit dabei. Schäfer schätzt den „guten Ruf“ der Beratung vom ALZ. Die Idee des Mittagstisches findet er gut. Er war schon mehrfach auf der Weihnachtsfeier des Vereins und ist gerne beratend tätig, beispielsweise wenn es um Spenden geht.
Dem Juristen ist wichtig, dass die Arbeit des ALZs für die Zukunft gesichert ist - und zwar im gleichen Umfang wie zurzeit. Zudem findet er, dass der Standort für die Betroffenen auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sein soll.
Der frühere Bürgermeister ist unter anderem deshalb Mitglied des Vereins geworden, weil ihn das Thema Arbeitslosigkeit immer sehr beschäftigt hat. „In Mönchengladbach gab es immer eine hohe Zahl von Arbeitslosen“, erzählt Schäfer. „Es gab viele ungelernte Arbeiterinnen und Arbeiter, und als die Textilindustrie ihre Pforten schloss, sind sie nirgendwo anders mehr untergekommen“. Sich selbst sieht der 72-Jährige in einer sehr guten Lage. Schäfer: „Ich habe das Glück, dass meine Eltern mir eine gute Ausbildung ermöglicht haben. Das ist nicht selbstverständlich.“.
Schäfer hat sich bei seiner Arbeit als Oberstaatsanwalt immer sehr um die psychischen Belange der Opfer gekümmert
Seine ursprünglichen beruflichen Pläne konnte Schäfer nicht ganz verwirklichen. Eigentlich wollte er nach dem Abitur Englisch und Französisch auf Lehramt studieren – dazu musste man aber damals jeweils ein halbes Jahr in einem englisch- und einem französischsprachigen Land verbringen. Da Schäfers Bruder auch studierte, „schafften meine Eltern das finanziell nicht“, meint der ehemalige Bürgermeister. Dass er dann Jura studiert hat, habe der 72-Jährige „nicht bereut“. Er legte eine beachtliche Karriere hin, arbeitete unter anderem als Staatsanwalt in Mönchengladbach, als Richter beim Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt und schließlich ab 1992 als Oberstaatsanwalt in Duisburg – bis er 2007 pensioniert wurde.
Während seiner beruflichen Laufbahn beschäftigte der Jurist sich viel mit Gewalt gegen Frauen und Kinder sowie Rauschgift, musste aber auch – was für ihn besonders belastend war – Anzeigen gegen „eigene Leute“, also gegen Staatsanwälte, Richter und JVA-Personal bearbeiten.
An seiner Tätigkeit als Oberstaatsanwalt hat Schäfer gut gefallen, dass er sich „sowohl um die Opfer als auch objektiv um die Belange der Angeklagten kümmern konnte“. In seiner Zeit in Duisburg hatte der damalige Oberstaatsanwalt mit dafür gesorgt, dass ein Nottelefon für Frauen in einem Krankenhaus eingerichtet wurde. Die oft belastende Arbeit konnte der Jurist so gut wegstecken, weil er, wie er von sich selber sagt, eine „rheinische Frohnatur“ ist.
Das äußerte sich auch darin, dass der ehemalige Bürgermeister lange Zeit im Brauchtum aktiv war. So war Schäfer Ehrensenator bei Karnevalsvereinen wie der G.K.G. Eecke Poetz und bei der KG Rot-Weiß Rheydt-Dorfbroich. Am Brauchtum hat den 72-Jährigen begeistert, „dass die Leute nicht nur verstehen zu feiern, sondern auch Hilfsbedürftige unterstützen“
Seiner Leidenschaft für Sprachen ist der Jurist weiterhin „autodidaktisch“ nachgegangen, Englisch und Französisch lernte er unter anderem durch das Lesen von Büchern, aber auch Niederländisch – durch regelmäßige Urlaube in seinem Ferienhäuschen in den Niederlanden, das seine Frau Hannelore (73) und er 1982 gekauft haben.
Nicht nur „die Schnauze aufmachen“, sondern selbst mitmachen
1978 machte Schäfer einen Schritt, der sein Leben entscheidend prägen sollte: In diesem Jahr trat er mit seiner Frau in die SPD ein. Dafür gab es zwei Gründe: Zum einen hatte eine – inzwischen verstorbene – Freundin die beiden angeregt, „nicht nur die Schnauze aufzumachen, sondern selbst mitzumachen“. Zum anderen hatte Schäfer schon früh ein Gespür für Ungerechtigkeit. Der frühere Oberstaatsanwalt war auf dem Stiftischen Humanistischen Gymnasium. Dort wurde zu Schuljahresbeginn der Beruf des Vaters erfragt und in das Klassenbuch eingetragen. „Mein Vater war Geschäftsführer in einem kaufmännischen Betrieb. Das hat im Vergleich zu einem akademischen Beruf keine Begeisterungsstürme hervorgerufen“, erzählt der Jurist. Schäfer: „Ich bin im Grunde genommen ein konservativer Mensch. Aber diese Ungleichbehandlung von jungen Menschen hat mich gestört“.
Fünf Jahre war Schäfer Bezirksvertreter, 25 Jahre Ratsherr, 20 Jahre davon, von 1994 bis 2014, Bürgermeister. An dieser Tätigkeit hat den 72-Jährigen fasziniert, „dass die Leute mit Problemen zu mir kamen“, sowie „die Repräsentation von Mönchengladbach nach außen“. Große Freude hat ihm bereitet, die verschiedenen Konsulate zu besuchen.
An Mönchengladbach gefällt ihm besonders die geographische Lage. Es liegt nah an den Niederlanden, Belgien und Frankreich. Zudem sei die Stadt mit dem Bunten Garten und dem Volksgarten auch eine grüne Stadt. „Es ist einfach schön hier“, schwärmt der frühere Bürgermeister.
Schäfer hatte in seiner politischen Laufbahn zwei Rückschläge zu verkraften: Zwei Mal trat er als Oberbürgermeisterkandidat an, 1994 und 1999, zwei Mal verlor er. Dabei war die Niederlage von 1994 für ihn „bitterer als die von 1999“ – er scheiterte, weil fünf Leute aus der eigenen Fraktion ihn nicht gewählt hatten. Insgesamt fand er die Niederlagen aber nicht so schlimm, weil es ja keine beruflichen, sondern politische Misserfolge waren. Schäfer: „Ich habe mir keine Vorwürfe machen müssen, dass ich etwas falsch gemacht habe. Man schaut den Wählern nur vor den Kopf und Mönchengladbach ist ohnehin CDU-geprägt“.
„Geistige Arbeit macht Spaß“
Mit den beiden Tätigkeiten war der Tag von dem früheren Oberstaatsanwalt und Bürgermeister sehr ausgefüllt – obwohl er zu 25% von seinen Pflichten als Oberstaatsanwalt befreit war. „Ich musste nicht mehr zu Gerichtsverhandlungen gehen, aber der Aktenanfall wurde nicht begrenzt“, erzählt der 72-Jährige. Es kam vor, dass er an einem Tag mehrfach zwischen Mönchengladbach und Duisburg hin- und herfahren musste. Was die Kindererziehung anging, war er allerdings entlastet: „Meine Frau hat sich sehr um unsere Kinder Axel und Sonja gekümmert“, sagt Schäfer anerkennend.
Auch jetzt, wo Schäfer pensioniert ist, kann er nicht ganz ohne Arbeit leben: Er arbeitet etwa vier Stunden am Tag in einer Anwaltskanzlei. „Ohne weitere geistige Tätigkeit wäre ich vermutlich in ein tiefes schwarzes Loch gefallen“, meint der Jurist. „Geistige Arbeit macht Spaß“.
Auch um die Zukunft des ALZs zu sichern, würde er sich „auf entsprechende Gespräche einlassen, um zu versuchen, mit der Politik zu vermitteln“. Die Fortsetzung des ALZs – auch an einem anderen geeigneten Standort - müsse gewährleistet sein und dies müsse „am besten einvernehmlich mit dem Vorstand geklärt werden“.







